Nun ist es endlich soweit. Vor vier Wochen wurde unsere Miss Sophie in Büdelsdorf bei Rendsburg aus dem Winterschlaf erweckt und zurück ins Wasser gekrant. Nachdem auch der Mast gesetzt und getrimmt war haben wir das Boot zunächst eine Seemeile zum Yachthafen des Regattavereins Rendsburg gebracht und dort für drei Wochen bis zu unserer Abfahrt festgemacht.

Von Rendsburg nach Brunsbüttel

Eigentlich hatten wir schon (fast) alles an Bord verstaut um Starten zu können, aber bei unserer Abfahrt in Heidelberg war das Auto einmal mehr randvoll mit scheinbar oder tatsächlich unverzichtbaren Dingen, die unbedingt noch mit mussten. Es folgte noch ein größerer Einkauf im örtlichen Supermarkt, wo wir uns wegen knapp 20 Kilo Mehl als Hamsterkäufer verdächtig machten und dann konnte es endlich losgehen.

„Leinen los!“ hieß es am Dienstag letzter Woche um 06:40 Uhr und wir schipperten langsam in Richtung des NOK Fahrwassers. Bald passierten wir die Lürssen Werft, wo gerade die Katara, das Schiff des Emirs von Katar, renoviert wird. Mit knapp 125 m Länge und 70 Mann Besatzung ist dieses Boot eine Nummer zu groß für uns. Wir nehmen lieber ein kleines Boot und verzichten gerne auf den Hubschrauber an Deck.

Unser Tagesziel war der City Sporthafen in Hamburg, doch zunächst lagen noch 65 Kilometer auf dem NOK, dem Nord-Ostsee Kanal vor uns. Unsere Passage führte von Rendsburg nach Brunsbüttel, wo der NOK endet und die Elbe bzw. Nordsee erreicht wird.

Der NOK, ehemals „Kaiser Wilhelm Kanal“, führt auf knapp 100 km von Brunsbüttel an der Elbe bis nach Kiel Holtenau und verbindet damit die Nordsee mit der Ostsee. Er ist eine der meistbefahrenen künstlichen Wasserstrassen der Welt und wird im Jahr von etwa 35000 Schiffen befahren wobei die Sportboote nicht mit eingerechnet sind. Er liegt damit im Vergleich vor dem Suez- und dem Panamakanal. Die Menge der transportierten Güter ist jedoch deutlich geringer.

In Brunsbüttel stehen insgesamt 4 Schleusen zur Verfügung. Zwei kleinere Schleusen mit 125 x 22 Metern wurden 1895 in Betrieb genommen, als der Kanal eingeweiht wurde. Schon bald darauf wurde der Kanal ausgebaut und 1914 zusätzlich zwei neue, größere Schleusen mit 310 x 42 Metern in Betrieb genommen. Im Moment ist eine 5. Schleusenkammer in Bau, die 2024 eröffnet werden soll. Auf der anderen Seite in Kiel Holtenau stehen nur die beiden „neuen“ großen Schleusen zur Verfügung, während die kleinen, alten Schleusen schon seit Jahren wegen dringender Bauarbeiten geschlossen sind. Das bedeutet für die Sportboote, dass sie gemeinsam mit den Berufsschiffen in den großen Schleusen abgefertigt werden, was für die Freizeitskipper einen zusätzlichen Nervenkitzel bedeutet und auch dem Schleusenpersonal einiges an zusätzlicher Planung abverlangt. 

Elbaufwärts nach Hamburg

Um 13:15 öffnete sich für uns das Tor der alten Südschleuse und wir bogen auf die Elbe in Richtung Hamburg ein. Hier fängt für mich gefühlt das Meer an und das Wasser ist salzig. Zum Auftakt dieser Reise mussten wir jetzt noch unbedingt nach Hamburg. 

Während auf dem NOK die Größe der Schiffe durch die Abmessungen der Schleusen, sowie Breite und Tiefe des Kanals eingeschränkt war, begegneten uns auf der Elbe nun auch die ganz Großen. Zufällig war, als wir in Hamburg ankamen, das größte Containerschiff der Welt, die HMM Algeciras zu Gast. Sie ist 400 Meter lang, 61 Meter breit und hat Platz für 24000 Standardcontainer. Allerdings gibt es kaum noch Größenunterschiede bei den großen Containerschiffen, und ob es 399 oder 400 Meter Länge sind, ist mit bloßem Auge ohnehin nicht zu sehen. 

 

Von Brunsbüttel nach Hamburg sind es 44 Seemeilen, also etwa 81 km. Diese Strecke kann sehr kurz oder sehr lang erscheinen, je nachdem. Mit dem Flutstrom, was clever ist, geht es eher flott. Gegen die Ebbe anzufahren ist entsprechend langwierig und funktioniert nicht wirklich.

Wir haben uns für Variante eins entschieden und sind mit der Flut nach Hamburg gefahren. Das Ganze dauerte nur 5 Stunden, so das wir mit durchschnittlich 8,8 Knoten unterwegs waren. Ohne Strömung wären es nur 6 Knoten gewesen. Wir kamen also gegen 18:15 im City Stadthafen an und wurden vom freundlichen Hafenmeister begrüßt, der vom Steg aus unser schnittiges Anlegemanöver beobachtete und entschied, dass es gut wäre, ein wenig zum Gelingen beizutragen. Wir verbessern uns stetig und jetzt, fast 5 Wochen später, läuft alles schon viel geschmeidiger ab. 

Miss Sophie im City Stadthafen

Der Stadthafen hat eine einmalig schöne Lage zwischen den Landungsbrücken und der Elbphilharmonie. Hier liegt man wirklich im Herzen der Stadt quasi in der ersten Reihe und das zum kleinen Preis. Auf dem Foto, das kurz nach dem Anlegen gemacht wurde, sieht der Himmel sehr bedrohlich aus. Es blieb aber ruhig, trocken und warm und wir ließen den Abend entspannt ausklingen. Wir blieben insgesamt vier Tage in Hamburg und genossen die Zeit. Nach zwei Tagen kam noch mein Cousin Wolfgang an Bord, der uns eine Woche lang bis nach Helgoland begleitete was ihm und uns viel Spaß gemacht hat.

Zusammen unternahmen wir eine Hafenrundfahrt mit einer der Hafenbarkassen, die ich immer wieder spannend finde. Meine erste Hafenrundfahrt liegt sicher gut über 50 Jahre zurück und auch damals gab es schon diese Barkassen, die bei den Landungsbrücken losfuhren. Für mich als kleines Kerlchen war das damals ein unvergessliches Erlebnis, dass meine Begeisterung für Hamburg und seinen Hafen mitgeprägt hat. 

 

Von Hamburg nach Helgoland

Nach vier Tagen ging es dann los in Richtung Helgoland. Fährt man mit der Ebbe in Richtung Nordsee hat man ein viel kleineres Zeitfenster, als auf dem Weg mit der Flut nach Hamburg. Das liegt daran, dass Ebbe und Flut ja nicht überall gleichzeitig auftreten, sondern sich eher wie eine Welle um den Globus bewegen. Elbaufwärts fährt man mit der Welle, elbabwärts aber dagegen.

Beim Weg nach Hamburg hat man mehr Zeit, weil die Flut in Hamburg etwa drei Stunden später ankommt als in Brunsbüttel. Umgekehrt ist es, wenn man von Hamburg in Richtung Nordsee fährt. Weil die Ebbe ja ebenfalls drei Stunden früher in Brunsbüttel einsetzt bleiben dann nur noch knapp drei Stunden, bis schon wieder der nächste Flutstrom beginnt.

Ursprünglich hatten wir geplant, gleich von Hamburg bis Cuxhaven zu fahren, aber das erwies sich  wegen der Gezeiten als illusorisch. Wir schafften es aber gut bis Brunsbüttel und ließen uns nochmals in den NOK einschleusen um sofort in dem kleinen Sportboothafen direkt neben der großen Nordschleuse festzumachen. Hier liegt man geschützt, aber nicht unbedingt ruhig. Die ein- und ausfahrenden Schiffe passierten unseren Liegeplatz in weniger als 10 Metern Entfernung und das hörte sich später beim Einschlafen in etwa so an, als würden diese großen Pötte direkt durch unser kleines Boot fahren und uns mit ihrer Schiffsschraube in kleine Scheibchen zerhäckseln. Wer hier einschläft ist entweder taub oder richtig müde.  

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Tine

    Super, wünsche euch allzeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!

  2. Markus

    Danke Dir! Allerdings ist das mit der Handbreit hier so eine Sache. Wir haben in den letzten Tagen auf der Staande Mastroute schon mehr als einmal unseren Kiel durch den Schlamm gezogen. Einmal gab es einen ordentlichen Ruck und alles wackelte, aber dann hat uns der Schwung über die flache Stelle getragen. Sonst hätten wir uns wohl herausschleppen lassen müssen. Die Untiefen haben wir jetzt aber hinter uns und der Aufsetzer hoffentlich unser Letzter.

  3. Hans Fechler

    „Grüße an die Seefahrer“ sagt Christa grad zu euch. Und sehr schöne Fotos. Bei uns werden da Erinnerungen wach. Mehr kann es nun nicht mehr für uns werden. Ich finde es sehr beruhigend und eindrücklich, dass – ganz anders als von Flugzeug aus – vom Schiff aus die Dinge, die man sehen kann, auch genug Zeit haben, sich zu zeigen. Wasser und Wind machen uns langsam. Mögt ihr das alles, was ihr euch vorgenommen habt, in diesem Sinne auch genießen können. Pa

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